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Mehr Musik hören – die Casa del Piano in Cumbayá

Wenn Iván Vásconez über Musik spricht, wird sie lebendig. In Janker und weißem Hemd steht er auf der Bühne und erzählt. Öffnet den Bechstein, setzt sich hin und spielt: „Schauen Sie, hier wechselt in unserem Stück die Erzählerperspektive, das hören Sie im Text, aber auch in dem neuen Rhythmus der linken Hand!“ Wirft eine Zeichnung von M.C. Escher an die Wand, um den Aufbau einer Komposition zu illustrieren.

Französischer Impressionismus im privaten Konzertsaal

Lieder von Gabriel Fauré, Ernest Chausson und Claude Debussy sind es, die der Pianist heute mit der in den USA ausgebildeten Sopranistin Maria José Fabara zur Aufführung bringt und erklärt. Ein Programm, das man sonst in Quito eher nicht zu hören bekommt. Knapp vierzig Zuhörer haben sich in dem privaten Konzertsaal im Untergeschoss von Vásconez‘ Wohnhaus im Vorort Cumbayá versammelt. In Nicht-Corona-Zeiten könnten es zwischen ein- und zweihundert sein, nach augenblicklichen Regeln darf nur ein Drittel der Plätze besetzt werden.

Im November 2005 öffnete die „Casa del Piano“ offiziell ihre Pforten. „Eigentlich habe ich mit diesen Gesprächskonzerten schon vorher angefangen. Ich wollte meinen Klavierschülern etwas bieten, das über den reinen Unterricht hinausging. Die Schüler selbst fanden das nicht wirklich spannend. Aber ihren Eltern gefielen meine Konzerte, dann kamen auch deren Freunde, und als wir den heutigen Saal schließlich eröffneten, hatte ich hier 200 Leute im Publikum!“

Ausbildung am Konservatorium von Quito, Studium in Essen

Iván Vásconez lernte Klavier unter anderem am Konservatorium der ecuadorianischen Hauptstadt, aber ein eigentliches Musikstudium gab es in jener Zeit in Ecuador noch weniger als heute. So ging er nach seinem Abitur an der Deutschen Schule Quito im Jahr 1991 nach Deutschland und studierte dort an der Folkwang Universität Essen bei Catherine Vickers Klavier und anschließend Kammermusik bei Vladimir Mendelssohn. Anders als viele seiner Landsleute aber blieb er nach dem Konzertexamen nicht in Deutschland, sondern kehrte Ende der Neunziger Jahre in seine Heimat zurück. Die Verbindung zu seinem Studienland blieb: Das von Vásconez während seines Deutschlandaufenthalts gegründete Turina-Klavierquartett reiste 1999 zu Konzerten nach Quito, Cuenca und Guayaquil.

Der Kammermusik gilt von jeher die große Liebe dieses Pianisten: mit dem Geiger Santiago Mora und der Cellistin Elza Erazo (zuvor Gerhard Garreis) spielt er seit rund zwanzig Jahren in einem Trio, das regelmäßig in der Casa del Piano auftritt. Zuletzt im Mai dieses Jahres mit dem B-Dur-Trio D 898 von Schubert. Mit Santiago Mora bestreitet Vásconez immer wieder auch Duo-Programme in der Casa de la Música, dem wichtigsten Konzertsaal Quitos.

Kammermusik, Oper, Jazz – vieles geht, wenn man will

„Conciertos-Tertulias“ nennen sich die monatlich stattfindenden musikalischen Begegnungen in Cumbayá. „Tertulias“ (nach dem antiken Schriftsteller Tertullian) waren die vor allem um die Wende zum 20. Jahrhundert beliebten literarischen Salons auf der iberischen Halbinsel und in den lateinamerikanischen Kolonien. Die Themen der daran angelehnten „musikalischen Salons“ sind nicht auf klassische Kammermusik beschränkt. Es gab auch schon Jazz-Abende und Mozart-Opern in Kammerversion, bei denen Podium und Zuschauerraum zu einer einzigen großen Bühne verschmolzen. Iván Vásconez vermittelt Musik in einer Form und mit einem Kenntnisreichtum, den man in den Konzertprogrammen der Stadt Quito vergeblich sucht.

Daneben unterrichtet der ausgebildete Klavierpädagoge viele Stunden am Tag, irgendwo zwischen deutschen Expats und ecuadorianischem Bürgertum. Als es vor Corona noch richtige Gottesdienste mit Musik gab, konnte man ihn in der deutschen katholischen Gemeinde von Quito regelmäßig in der Messe hören. Von klassischer Musik zu leben ist in keinem Land dieser Welt einfach, zumal in Pandemie-Zeiten. „Aber in Deutschland wäre ich einer von Unzähligen gewesen. Hier habe ich das Gefühl, dass es einen Unterschied macht, ob ich da bin oder nicht.“ 

Casa del Piano, Via Santa Inés, Cumbayá, nach der Kurve auf der linken Seite. Einladung zu den Gesprächskonzerten per WhatsApp unter 00593 998 982 504

26. Juni 2021

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